Hamburg - gedichte

 

Auf der Trostbrücke

 

Ein Wort gab das andere,

wir waren beide sehr erbost,

nun bin ich weg und wandere

seit Stunden schon, und suche Trost.

 

Wieder aus einer Mücke

einen Elefanten gemacht,

und jetzt steh ich auf der Brücke

in der eisig kalten Nacht.

 

Ich friere jämmerlich und schlucke

und schaue in das trübe Fleet,

die Augen zu- und jetzt- ich spucke!

Wie tief es doch nach unten geht.

 

Ich bin dir nicht länger gram,
ich fühle den Ärger schwinden
und geh zurück, woher ich kam,
man weiß ja, dass Brücken verbinden.

Ein Königreich für eine warme
Stube, sei´s auch nur ´ne kleine,
und an der Tür zwei off´ne Arme,
am liebsten wär´n mir deine.
© Siegfried Schreck

 

 Die Köhlbrandbrücke

 

Auf diese Brücke sind wir stolz,

nicht wahr, Herr Bürgermeister?

Da raspelt jeder süßes Holz,

auch ich als Zugereister.

 

Sie ist ein Hauch von Golden Gate

und süderelbdurchflossen,

sie wirkt wie ein Modell-Athlet,

schlank und hochaufgeschossen.

 

Einmal bei Sonnenuntergang

dort oben glücklich stehen

und dann für zehn Minuten lang

den Hafen dunkeln sehen.

 

Für diese Aussicht stürbe ich,

der Himmel sei mir gnädig!

Das wär der schönste Tod für mich,

und nicht der in Venedig.

 

Und über diese Brücke rollt´s,

nicht wahr, Herr Bürgermeister?

Auf diese Brücke sind wir stolz,

auch ich als Zugereister.

 © Siegfried Schreck

 

 Wie Bismarck ohne Schwert

 

Heut ist mir so, ich weiß nicht wie

ich das beschreiben soll,

vielleicht wie eine Melodie

so zwischen Dur und Moll.

Mein Zustand könnte britisch sein,

wo man nur links verkehrt,

heut fühl ich mich so querfeldein

wie Bismarck ohne Schwert.

 

Heut fühl ich mich so fehl am Platz

wie Mönche auf dem Kiez,

knall´ mir doch einer was vor´n Latz,

ich nehme kaum Notiz

von dem, was um mich vor sich geht,

warum tritt mich kein Pferd?

Ich bin heut irgendwie diskret

wie Bismarck ohne Schwert.

 

Mir scheint heut vieles gar nicht klar,

mein Blick, der rastlos fliegt,

sucht immerzu nach Altona,

das tief im Nebel liegt.

Da irgendwo ist meine Bank,

die mir das Konto sperrt,

ich fühl mich heut genauso blank

wie Bismarck ohne Schwert.

 © Siegfried Schreck

 

 

Hafen - Gedichte

 

Härtetest

 

Schreien musst du können und fluchen,

aus vollem Halse, möglichst laut,

ein dickes Fell sei deine Haut,

sonst hast du im Hafen nichts zu suchen.

 

Sei weder Weichei noch Mimose

und wenn du schmal bist,mach dich breit,

hab einen Arsch in deiner Hose,

und zeige keine Ängstlichkeit.

 

Komm raus aus deinen Filzpantoffeln,

trink morgens schon ´ne Buddel Schluck,

verstärke deinen Händedruck,

und üb zuhaus mit Rohkartoffeln.

 

Du musst sie drücken und zerquetschen,

bis Wasser aus der Knolle tritt,

dabei musst du die Zähne fletschen,

so machst du dich für´n Hafen fit.

 

Lass mich mal deine Muckis testen!

Bewirb dich besser anderswo,

es wär für dich am allerbesten,

du suchst dir Arbeit im Büro.

© Siegfried Schreck

 

Blohm & Voss

 

Ich fragte um Arbeit nach.

Ich fragte den Boss

der Schiffbauhalle von Blohm & Voss

und ich versprach

ihm monatlich vierzig Überstunden.

Ich habe mich wieder gefunden

im werfteigenen Dress

im Doppelboden

der "Tokio Express"
und robbte mit Schweißelektroden

durch viel Schall und Rauch

auf dem Bauch.

Da lief das Schiff vom Stapel

und ging auf die Reise,

dummerweise

nicht nach Neapel,

sondern an den Ausrüstungskai

von Blohm & Voss,

doch ich genoss

die Seefahrerei
und ging kurzerhand

schwankend an Land

schnurstracks zur

Stempeluhr.

© Siegfried Schreck

 

Ran an die Bananen


Am Baumwall, morgens früh um sechs
wartet die Barkasse,
ich trink ne Buddel Bier auf ex
und geh mit der Masse.

Es tanzt und wackelt der Ponton,
jeden Tag dasselbe,
dann schippern wir auch schon davon
über die Frau Elbe.

Der Stauer hat uns eingeteilt
in verschiedne Gruppen,
so fahren wir, fest eingekeilt,
zum Bananenschuppen.
Wir haben heute Luke vier,
ich steh auf der Leiter,
doch der Kollege unter mir
traut sich nicht mehr weiter.

Von oben bis nach unten sind
es gut zwanzig Meter,
ich ruf nach unten: Menschenskind,
geh doch weiter, Peter.
Dann steigt er schließlich doch hinab
wie ein Kletteraffe,
ich mache unterwegs kurz schlapp,
weil ich zu viel paffe.

 

Die Ärmel aufgekrempelt und
ran an die Bananen,
in eines Schiffes Untergrund,
wo wir uns verzahnen.
Warum ist die Banane krumm?
Frag ich mich bei Bücken.
Und während meinem Studium
sticht es mir im Rücken.

Wir stapeln hoch, wir stapeln tief,
einer macht ne Schwalbe,
steht wieder auf und lacht sich schief,
dann ist erst mal Halbe.
Wir machen uns im Schiffsbauch breit
und wir tun uns gütlich
am Butterbrot zur Mittagszeit,
das ist urgemütlich.

Am Nachmittag, so gegen drei
holt uns die Barkasse,
da spiel´n wir Skat, ich und noch zwei,
achtzehn, zwanzig, passe.
Die Barkasse schnurrt und schleicht
um die Köhlbrandecke,
ja, morgen müssen wir vielleicht
in die Kaffeesäcke.
© Siegfried Schreck